3. SONNTAG DER OSTERZEIT
Evangelium nach Johannes (21,1-14)
Eine merkwürdige, nachösterliche Erzählung haben wir gerade gehört, mit verschiedenen Ungereimtheiten. Die Jünger haben Jerusalem schon verlassen und sind wieder in Galiläa, wo sie früher als Fischer gelebt haben. Sie erwecken den Eindruck, als wäre der Auferstandene Jesus ihnen noch nicht erschienen, obwohl sie diese Erfahrung vorher schon gemacht haben. In der Nacht haben diese professionellen Fischer nichts gefangen und fahren trotzdem, auf das Wort eines Fremden hin, der am Ufer steht, nochmals hinaus. (Am Morgen! Fischen tut man ja in der Nacht!). Dieser Fremde spricht sie mit „meine Kinder“ an, eine sehr vertrauliche Form, aber das scheint ihnen nicht aufzufallen. Als der Jünger „den Jesus besonders liebte“, sagt: „Es ist der Herr“, bekleidet sich Petrus, ehe er zum Schwimmen ins Wasser springt. Und obwohl zuerst gesagt wurde: „Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es“, ging Petrus und zog das Netz allein an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt. Hat er sie so schnell gezählt?
All diese Details und auch die Tatsache, dass dieser „wunderbare Fischfang“ auch bei Lukas erzählt wird (aber dort findet das vor Tod und Auferstehung Jesu statt!), haben dazu geführt, dass die Bibelwissenschaftler gemeint haben: Wir haben es hier nicht mit einem Tatsachenbericht, mit einem Protokoll, sondern mit einer später konstruierten Erzählung zu tun, die die Situation der Christen am Ende des 1. Jahrhunderts, als dieses Evangelium von Johannes geschrieben wurde, zur Sprache zu bringen. Schon am vergangenen Sonntag wurde gesagt: „Glücklich, die nicht sehen und trotzdem glauben“. Wie wir, haben auch diese Christen Jesus nicht mehr persönlich gekannt. Diese Erzählung will also eine ihrer Erfahrungen Christen beschreiben und deuten.
Ostern ist vorbei. Der Alltag ist eingekehrt. Die Christen scheinen jetzt auf sich allein gestellt zu sein. Die professionellen Fischer fangen nichts. Sie sind, geistlich gedacht, hilflos, ohne den, dem sie mit Begeisterung gefolgt waren. Ist das nicht die Situation der Gemeinde des Evangelisten? Und auch unsere? Müdigkeit, Resignation, weil wir nichts fangen, die Netze leer bleiben, unsere Aktivitäten nicht viel bringen, die Kirchen sich leeren?
Wir haben für manches, was im Alltag auf uns zukommt, keine Lösungen. Oft sind wir ratlos, weil wir nicht wissen, wie wir mit unseren eigenen Lebensaufgaben zurechtkommen können oder raufen uns mit den Problemen anderer herum. Die Welt des Glaubens kommt uns dann oft ganz fremd vor, abgehoben, entrückt, eine andere Welt. Wir sind so mit uns selbst beschäftigt, dass wir Jesus nicht erkennen. Er ist ein Fremder, der irgendwo am Rande, am Ufer steht. Das heutige Evangelium fragt uns: „Glaubst du, dass Jesus am Ufer deines Lebens steht? Er hat ein Feuer angezündet. Er ruft: „Setz dich her! Bin ich noch da in deinem Leben?“
Das Netz mit den 153 Fischen (damals glaubte man, dass es 153 Völker gab) ist ein Bild. Es könnte so verstanden werden: Es gibt viele Gemeinden mit Menschen unterschiedlichster Charaktere und Ansichten. Trotz aller Konflikte, die es gibt, bleibt die Einheit in der Vielfalt bestehen, das Netz reißt nicht. Viele Methoden führen zum Aufbau des Reiches Gottes. Man muss immer wieder neue Wege finden, das Netz auf der anderen Seite auswerfen.
Jesus fragt die Jünger: „Ihr habt wohl nichts zu essen?“ Sie müssen mit „Nein“ antworten. Sie sind arm und bedürftig. Jesus sättigt sie. Alles erinnert an die Brotvermehrung, mehr noch an die Eucharistie. „Kommt und esst!“ Und sie halten Mahl und sie wissen, Jesus, der Auferstandene, lebt. Genauso haben es auch die zwei Jünger von Emmaus erfahren.
Eine Ostergeschichte! Singen wir nicht oft das Lied: „Manchmal feiern wir mitten im Tag, mitten im Wort, mitten im Streit, mitten im Tun ein Fest der Auferstehung“?- Sätze werden aufgebrochen, Waffen werden umgeschmiedet, Sperren werden übersprungen...und ein Friede, eine Geist, ein Glück ist da. Wir erkennen Jesus, mitten in unserem Leben. Unsere Ostererfahrung.